Donnerstag, 4. Juni 2009

"Madame, wenn Sie eine Schimpansin wären, hätte ich mir ihr Gesicht besser merken können..."

Ich weiß nicht, ob Desmond Morris dies auch schon mal einer Dame gesagt hat, an die er sich nicht mehr erinnern konnte. Dafür weiß ich aber aus der Fülle der erschienenen Artikel zum 100.Geburtstag von Herrn Grzimek, dass dieser Satz wirklich mal gefallen ist.Ich finde, er charakterisiert Grzimek so gut, dass er als Titel im Aussenposten durchkommt.Grzimek ist für mich in allererster Linie derjenige, der meine Kindheit mit Frühabendsendungen am Dienstag bereicherte, die ich auch sehen durfte und die ich wohl vor allem liebte, weil er jedes Mal ein Tier mitbrachte und vorstellte. Die Erinnerungsbriefmarke bringt es auf den Punkt. Genau so...175 Sendungen in knapp 30 Jahren - ob Löwenbabys, Tiger oder Adalbert, die kleine afrikanische Schleichkatze, die auch mir kein Unbekannter ist, es gab kaum ein Tier, das es nicht bis in unser Wohnzimmer schaffte.Doch es sind die Affen an die ich mich am lebhaftesten erinnere. Und so einen Stubenwagen wie den unten, hatte ich auch.

Grzimek brachte mir Tiere nahe zu Zeiten als ich vor Hunden in meiner Nachbarschaft noch einen großen Bogen machte, und auch noch dann, als ich mit Zoos erstmal gar nichts am Hut hatte. Oder sagen wir mal so, ich ging gerne in Zoos,wenn es sich ergab, aber meistens mit einem schlechten Gewissen...Und als ich wie viele andere über Grzimeks eher altbackenen Stil etwas herzog, schaffte er es trotzdem, mich mit seinen Geschichten aus der Tierwelt zu faszinieren.

Aber nun ein wenig Geschichte

"Den Zweiten Weltkrieg erlebt er als Veterinär-Offizier. Als Bombenangriffe den Zoo zerstörten, wurde seine Wohnung über Nacht zur Arche Noah voller Wölfe und Schimpansen, bewacht von einem kleinen Orang-Utan. Als er mit einem Wolf mitten in Berlin spazieren ging, wurde Leni Riefenstahl auf ihn aufmerksam – sie war für ihre Verfilmung der Oper "Tiefland" auf der Suche nach zahmen Wölfen.Bernhard Grzimek übernahm die Dressur und begann damit gleich im eigenen Garten. Trotz dieser Verbindung mit der Propagandafilmerin der Nazis interessierte sich Grzimek wenig für die Politik. Seine Leidenschaft gehörte den Tieren. Und so genoss er nach dem Ende des Krieges schnell das Vertrauen der Amerikaner, die ihn in Frankfurt sogar kurzzeitig als Polizeipräsidenten einsetzen wollten. Er nutzte die Nähe zur Militärregierung, um den zerstörten Frankfurter Tierpark vor dem Abriss zu retten und ernannte sich kurzerhand selbst zum Zoodirektor." (Quelle hier)

Über seinen Beitrag zum Wiederaufbau des Frankfurter Zoos nach dem Krieg hatte ich mich nie wirklich sachkundig gemacht. Der Krieg war für die meisten Tiere im Frankfurter Zoo verhängnisvoll, nur wenige überlebten ihn.

"Die ersten Bomben trafen den Zoologischen Garten am 4./5. Oktober sowie am 20./21. Dezember 1943, durch die Anwesenheit der Tierpfleger konnten die Brände gelöscht, verstört herumirrende Tiere eingefangen und beruhigt werden."

"Im März 1944 traf den Zoo ein vernichtender Schlag. 27 Bombeneinschläge vernichteten fast alle Bauten; unzählige Tiere starben oder irrten durch die Stadt – darunter auch Löwen, die zur Sicherheit der Bevölkerung getötet werden musste. Der Zoo wurde jedoch nicht geschlossen und bereits im Juli 1944 die Kasse wieder besetzt."

"Weil Grzimek bewusst war, dass es nicht möglich sein würde, mit den wenigen überlebenden Tieren das Interesse der Besucher am Zoo wach zu halten, suchte er nach weiteren Angeboten.
Als er von Schaustellern, die ihre Geschäfte noch besaßen, erfuhr, versammelte er diese auf dem Gelände, das sich dem Zoo anschloss und fast völlig zerstört war. Die zwischen diesem und dem bisherigen Zoogelände verlaufende Straße ließ er ohne Genehmigung sperren, so dass Besucher des Rummelplatzes zunächst gegen Zahlung des Eintritts den Zoo besuchen mussten.
Auch einen Zirkus, eine Veranstaltungshalle, das erste Nachkriegskino und ein Theater siedelte er auf dem Zoogelände an."

Mit Genehmigung der amtlichen Stellen konnten überlebende Zoo- und Zirkustiere aus allen Teilen Deutschlands in den Zoo geholt werden. Einziges Problem: Grzimek bekam dafür weder Fahrzeuge noch Benzinzuteilungen, so dass für jeden Tiertransport Mitfahrgelegenheiten zu suchen waren."

Der Zoo als Vergnügungspark war in vielen Städten das Konzept..., Frankfurt bildete da keine Ausnahme.Apropos Vergnügen:

Grzimek gehörte seinerzeit zu den meistparodierten Prominenten. Am berühmtesten ist Loriots Sketch von 1976, in dem er als Grzimek alles über die Steinlaus verrät. Loriot imitierte den typischen nasalen Tonfall und seine Art zu atmen perfekt. Auch seine Maske war so gut, dass sogar Grzimek ein Bild des verkleideten Loriot für ein Foto von sich selbst gehalten haben soll. Die Steinlaus (Petrophaga lorioti) fand 1983 Eingang in das medizinische Wörterbuch "Pschyrembel".(Quelle hier) Aber sehen Sie selbst...



Und nun hätte ich fast das zentrale Werk Grzimeks vergessen, die Serengeti, der er sich ab 1957 verschrieb. Zusammen mit seinem Sohn Michael drehte er den legendären Film über das Wanderleben der Serengetitiere, der ihm den ersten dt. Oskar einbrachte und bei dessen Dreharbeiten Sohn Michael tödlich verunglückt, ein Schicksalschlag, den Grzimek offenbar niemals verwand.Grzimek und Sohn Michael mit ihrer Dornier 'Ente'

Sie sind die ersten, die versuchen Tierbestände aus der Luft zu zählen... Es war ihr Anliegen, wissenschaftliche Argumente zu sammeln gegen die geplante Verstümmelung dieses Naturstaates Tanganjika (später Tansania), wie es die damaligen britischen Kolonialherren geplant hatten um Land für Siedlungen zu gewinnen. "366.980 große Tiere lebten in der Serengeti; darunter 99.481 Gnus, 57.199 Zebras und 55 Nashörner" das war das Ergebnis ihres 2 jährigen Aufenthaltes mit täglichen Flügen von 3 Stunden Dauer. Beim letzten Flug kurz vor der Heimkehr verunglückt Michael.

Am 13. März 1987 stirbt Grzimek während einer Zirkusvorstellung. Seine Urne wird später an den Ngorongoro-Krater in Afrika überführt, wo er heute neben seinem Sohn Michael begraben liegt....-

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Warum erst jetzt...?
Ganz einfach, weil ich u.a. einem dummen Link nachgegangen bin, der suggerierte, dass er auch mal einen Eisbären in der Sendung hatte, und obwohl ich mich daran nicht erinnern konnte, wollte ich diese Spur nicht ungenutzt verstreichen lassen, aber Pustekuchen, kein Eisbär. Weder mit oder ohne Grzimek im Frankfurter Zoo..., und erst recht keiner aus einer Sendung. Dabei gab es zu Grzimeks Zeiten durchaus noch Eisbären in Frankfurt, wenn auch nur ein Kleines dort überlebte, welches dort geboren wurde. Die anderen Geburten waren wohl nicht lebensfähig, denn sie wurden aufgefressen. Novaja, geboren am 7.Dezember 1955 und wie Knut eine Handaufzucht, lebte über 30 Jahre im Frankfurter Zoo bis sie starb, ohne jemals selbst Nachwuchs gehabt zu haben, wohl aus Ermangelung an einem männlichen Gefährten. Der kam erst als Novaja schon zu alt war. Die Eisbärzucht wurde aufgegeben, da das Gelände dafür als zu laut und damit nicht als nicht tauglich eingeschätzt wurde. (Es erübrigt sich zu sagen, dass es sonst beim Googeln von Novaja keine Treffer mehr gegeben hat...)

Aus Mangel an Zeit gibt es im Moment keine Übersetzung des Eintrags...Vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt.Ich wollte ihn aber jetzt posten, bevor er mir gänzlich im Entwurfsarchiv verschwindet...Knuts herannahender 30 Monatsgeburtstag scheint mir darüberhinaus eine gute Gelegenheit ein wenig im Archiv aufzuräumen...-

Due to a lack of time, no English translation for the time being. Please accept my apologies! I have already missed Grzimeks 100th birthday by far, and I don't want to take the risk to forget about the posting, stored in the draft archive completely...And:Knut's nearing 30 months birthday seems a good occasion, to start posting stories which are overdue...

Zum Weiterlesen:

Eisbären in Frankfurt, Geschichte Frankfurter Zoo, und noch ein Geschichtslink
Zum Lesen und Schauen: Das Steinlaus-Video und Grzimek/Sueddeutsche
Zu Grzimek und der Serengeti hier ein langer und interessanter Artikel mit Video-und Filmausschnitten in geo, und hier ein Focusartikel zu Grzimeks Nachfolgern in der Serengeti 50 Jahre später
Interview mit seinem Sohn-Focus, Artikel zu seiner Person
Zur Sendung "Ein Platz für Tiere"

3 Kommentare:

nene hat gesagt…

mit diesem eintrag hast du mir eine richtige freude gemacht. zum einen, weil er mit einem foto von meinem "lieblings-verhaltensforscher" desmond morris beginnt, zum anderen, weil ich die arbeit von bernhard grzimek sehr bewundere.

ich hoffe, dass ich es eines tages schaffen werde, die serengeti zu besuchen!

gruß,
nene

Anonym hat gesagt…

Hier wird erwähnt, dass Grzimek durchaus EISBÄREN filmte

http://www.3sat.de/dynamic/sitegen/bin/sitegen.php?tab=2&source=/kulturzeit/tips/119794/index.html

Du warst also gar nicht os auf dem Holzweg!

Birgit Rudolph/Dirk Krehl hat gesagt…

Es war genau dieser Artikel (link oben)und noch ein weiterer Link, die mich in die Wüste schickten..., aber ich werde weiter suchen...

Obengenannter Link führt zu dem Artikel:

"Grzimeks Erben
Hätte der berühmte Tierforscher "Knut" gewollt?"

Ein Artikel, der mich nicht ganz überzeugt hat übrigens.

Mein Gefühl (was ja nun nicht sehr aussagekräftig sein muss) sagt mir, dass Grzimek selbst da wohl etwas anders argumentiert hätte...

Vielen Dank fürs Posten des Links!

Lieben Gruss
Birgit