Mittwoch, 6. April 2011

"Gewitter im Kopf" - Zur Todesursache von Knut...Cause of Death:The Press Conference last Friday

Knut 18.03.2011

Seit letzten Freitag wissen wir nun, dass Knut durch Ertrinken in Folge einer tödlichen Infektion des Gehirns gestorben ist, dessen Erreger noch nicht bekannt ist.Die Wissenschaftler können nicht ausschließen, dass auch die drei Eisbärinnen, mit denen Knut in einem Gehege zusammenlebte, infiziert sein könnten. Die weiteren Untersuchungen können sich noch über Monate hinziehen. Hier ein etwas längerer Artikel zur Pressekonferenz aus der Berliner Morgenpost.

Since last Friday we know that Knut died of drowning after suffering a brain disorder caused by an infection of still unknown cause. Until now the scientists can't exclude the possibility of an infection for the three polar bears sharing Knut's enclosure. Further tests can take months. Here a longer article about the press conference from Berliner Morgenpost which I translated into English.

Knut 18.03.2011

Der Festsaal im Schloss Friedrichsfelde im Tierpark sollte der angemessene Rahmen sein, um die ersten Ergebnisse der Sektion des weltberühmten Eisbären Knut zu präsentieren. Gleich eine ganze Riege von erstklassigen Wissenschaftlern hat Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz aufgefahren, um für jede Frage gewappnet zu sein. Übernächtigt stehen die Experten im Blitzlichtgewitter der Fotografen. Tag und Nacht hätten sie in den vergangenen zehn Tagen gearbeitet, um der Öffentlichkeit zumindest eine vorläufige Antwort auf die drängende Frage, warum Knut so jung sterben musste, geben zu können.

„Eisbär Knut ist vermutlich infolge einer Gehirnentzündung ertrunken“, sagte die leitende Pathologin des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), Claudia Szentiks, am Freitag ohne Umschweife als ersten Satz. Schließlich erwarteten die Medien schon seit zwei Tagen die Ergebnisse der größten Sektion eines Wildtieres aller Zeiten.

Dabei sind die wissenschaftlichen Untersuchungen des berühmten Zootieres noch lange nicht
abgeschlossen. Nur so viel ist bisher klar: Als Knut am 19. März auf den Bärenfelsen ins taumeln geriet und in den Wassergraben fiel, waren weite Teile des Gehirns und des Rückenmarks bereits entzündet.

„Das Absterben der Nervenzellen durch die Entzündung führt zu einem elektronischen Gewitter und damit zu Muskelkrämpfen“, erklärte Szentiks die Drehungen des Bären kurz vor seinem Ertrinken. -

Dr. Claudia Szentiks (IZW)/BZ

The ballroom in the castle of the zoo in Friedrichsfelde was deemed to be the appropriate site to present the first results of the section of the world-famous polar bear Knut. A whole team of top scientists has flanked Zoo director Bernhard Blaszkiewitz to be prepared for every question. The experts looked worn out when the cameras of the photographers were flashing. Day and night they had worked in the past ten days to give the public at least a preliminary answer to the pressing question of why Knut had to die so young.

"Polar bear Knut is probably drowned as a result of brain inflammation," said the senior pathologist at the Leibniz Institute for Zoo and Wildlife Research (IZW), Claudia Szentiks, on Friday bluntly in her first sentence, knowing that the media representatives had already been waiting for two days for the results of the largest section of a wild animal ever.

And the scientific studies of the famous zoo animal is still far from completed. Only so much is clear until now: When Knut on 19 March began to tumble on the bear rocks and fell into the moat, large parts of the brain and spinal cord were already inflamed.

"The death of nerve cells by the inflammation leads to an electronic storm, and thus to muscle cramps," said Szentiks to explain the rotations of the bear shortly before his drowning.


Knut 18.03.2011

Entzündung seit vielen Wochen?
Bis dahin hatte sich Knut vollkommen unauffällig verhalten, betonten die Wissenschaftler. Es gab keinen Anlass, von einer Erkrankung auszugehen. Dabei müsse, so die Experten die Entzündung schon vor vielen Wochen oder sogar Monaten begonnen haben. Dass man Knut die schwere Krankheit nicht anmerkte, sei nicht ungewöhnlich, erklärte IZW-Präsident Heribert Hofer. „Wildtiere können eine Menge Leid ertragen, ohne es nach außen zu zeigen“, so Hofer. Bei einer routinemäßigen tierärztlichen Untersuchung hätte die Krankheit nicht erkannt werden können. Die Veränderung des Gehirns sei nur im Computertomographen sichtbar.

Bei den aufwendigen Untersuchungen des Kadavers arbeitet das IZW eng mit Experten der Infektionsdiagnostik des Landeslabors Ilat und mit der Pathologie für Tiermedizin der FU zusammen. Unklar ist noch, wodurch die Gehirnentzündung verursacht wurde. „Mit hoher
Wahrscheinlichkeit handelte es sich um eine Virusinfektion“, sagte Pathologe Achim Gruber von der Freien Universität. Möglich sei auch eine parasitäre Infektion.-

Inflammation for many weeks?
Until then, Knut had behaved perfectly normal, the scientists stressed. There was no reason to assume a disease. The inflammation must have started many weeks before or even months, the experts said. That no one noted Knut's serious illness is not unusual, said IZW president Heribert Hofer. "Wild animals can tolerate a lot of suffering, without showing it to the outside, "said Hofer. During a routine veterinary examination, the disease could not have been detected. The change of the brain is only visible in the CT scanner.

In the elaborate investigations of the carcass the IZW works closely with experts from the Infectious Diseases Laboratory Ilat, a governmental institution, and together with the pathology of veterinary medicine of the FU. What has caused the encephalitis is still unclear. "With high probability it is a viral infection, "said Achim Gruber pathologist of the Free University (FU). Another option is a parasitic infection.


Knut 18.03.2011

Noch vor der Sektion wurde der Bär in einem der modernsten Computertomographen untersucht. Jedes einzelne Organ wurde seziert, das Gehirn fixiert, das Skelett in 21000 Einzelstücken untersucht. Ein 3-D-Labor der TU hat ein Modell von Knuts Schädel hergestellt.
Mit Sicherheit können die Wissenschaftler derzeit lediglich verschiedene Erreger ausschließen. So war Knut nach Angaben des IZW nicht an Tollwut, BSE, Staupe, oder Toxoplasmose erkrankt. Auch sogenannte Botulismen (Fleischvergiftung) oder Trichinen (parasitäre Würmer) können ausgeschlossen werden. Es gebe auch keine Spuren für eine Stresserkrankung oder ein Trauma.
In den vergangenen Tagen hatte es Spekulationen gegeben, dass der Eisbär Knut durch das Zusammenleben mit den älteren Eisbärenweibchen möglicherweise unter Dauerstress litt. Auch einen Gendefekt schließen die Wissenschaftler aus.

Begeistert präsentierten die Wissenschaftler die Nachbildung von Knuts Schädel. Er sei „wunderbar geformt“, schwärmte IZW-Präsident Hofer. Es gebe keinerlei Missbildungen, die auf einen Gendefekt hinweisen würden. Tierschützer hatten Inzucht für die Erkrankung verantwortlich gemacht. „Die Wildtierforschung ist eine junge Wissenschaft, ständig werden neue Erreger gefunden“, so Hofer. Die Suche nach dem Krankheits-Erreger geht nun weiter. Was die Untersuchungen koste, konnte gestern noch niemand sagen. Fest steht nur, dass die Kosten vom IZW übernommen werden.

Even before the section, the bear was examined in one of the most advanced CT scanners. Every single organ was dissected, the brain fixed, the skeleton examined in 21000 separate pieces. A 3-D Laboratory of the University has produced a model of Knuts skull.
With certainty, scientists can currently only exclude different pathogens. According to the IZW, Knut was not ill with rabies, BSE, distemper, or toxoplasmosis. So called botulism (food-poisoning) or Trichinella (parasitic worms) can be excluded too. There were no traces of a stress disorder or trauma.

In recent days there had been speculations that the polar bear Knut, by living together with the older female polar bears, may have suffered from continuous stress. A genetic defect is excluded too by the scientists who enthusiastic presented a replica of Knut's skull. He was "beautifully formed" gushed President IZW Hofer. There were no abnormalities that would indicate a genetic defect. Animal rights activists had made inbreeding responsible for the disease. "The Wild Animal research is a young science, and new agents are constantly being found," said Hofer. The search for the disease agent goes on. How much the tests would cost, no one could tell yesterday. Just that the costs are borne by the IZW.

02.04.2011 Protest at the Lion's Gate against the "stuffing" of Knut/Foto:ChristinaM


Nach der Untersuchung soll Knut ins Museum kommen. Die kaufmännischen Direktorin des Zoos, Gabriele Thöne, sagte: „Im Umgang mit Tieren lernen viele Menschen sich selbst verstehen und entwickeln so eine persönliche Bindung.“ Eine schmerzhafte Erfahrung sei
es, wenn dieses Lebewesen geht. Um der Trauer einen Ort des Gedenkens zu geben, werde im Zoo eine Bronzestatue von Knut aufgestellt. Eine Beerdigung jedoch soll es nicht geben. Der Zoo verstehe sich als Bildungseinrichtung und will deshalb den Eisbären dem Naturkundemuseum zur Präparation zu überlassen.

In den vergangenen Tagen hatte sich Protest gegen das „Ausstopfen“ des Tieres geregt. Der Direktor des Naturkundemuseums Ferdinand Damaschun versuchte am Freitag die Vorbehalte zu zerstreuen. Von „Ausstopfen“ könne keine Rede sein, sagte er. Die Präparatoren des Museums gehörten zu den besten der Welt, sie könnten Knut mit einer Dermoplastik ein würdiges Denkmal setzen. Knut sei Symbol für die Bedrohung des Lebensraums der Eisbären geworden. Deshalb werde er vermutlich in der Gestaltung eines neuen Raumes zum Klimawandel eine zentrale Rolle spielen, so Damaschun.-

After the investigation Knut is to come into a museum. The commercial director of the zoo, Gabriele Thoene, said: "In dealing with animals, many people learn to understand themselves and thus develop a personal bond." It is a painful experience when this creature is no more. In order to provide a place for mourning and commemoration, the zoo will erect on zoo grounds a bronze statue of Knut. However, there will be no funeral. The zoo considers itself as an educational institution and therefore wants to leave the polar bear for further preparation to the Natural History Museum.

The days before the intention of "stuffing" the animal had stirred protest. On Friday, the director of the Natural History Museum Ferdinand Damaschun tried to dispel the reservations. There is no question of "stuffing", he said. The taxidermists of the museum, who are among the best in the world, could provide a dignified memorial with a dermoplastic of Knut. Knut had become a symbol of the threat to the habitat of polar bears. Therefore, he will probably play a central role in the design of a new exposition space about climate change, said Damaschun.


Source and related articles:
-
Berliner Zoo- Knut hatte Virusentzündung des Gehirns/Berliner Morgenpost 01.04.2011

- Tierschützer fordern ein Ende der Eisbärenhaltung/tagesspiegel 01.04.2011

- Knut starb an mysterriöser Infektion/ Berliner Umschau 01.04.2011

- Eisbär Knut: Gehirnentündung Grund für plötzlichen Tod/focus 01.04.2011

- Knut hatte Gehirnentzündung und Virusinfekt/Stern 01.03.2011

- Knuts Leiden war für Ärzte nicht erkennbar/ 20 Minuten Online 01.04.2011

- Tod im Zoo Berlin. Knut und die Knutianer/FAZ 01.04.2011

- Knut the polar bear drowned after suffering brain disorder/Deutsche Welle 01.04.2011 (engl.)


Photo credits: ChristinaM

9 Kommentare:

jens hat gesagt…

Dankeschön für den informativen und gut gemachten Bericht.
Liebe Grüße Jens

Britta-Gudrun hat gesagt…

Liebe Birgit,

auch ich möchte mich herzlich für die ausführliche Zusammenfassung über Knuts Untersuchungsergebnisse bedanken.

Die Erklärungen gegen die Vorbehalte des "Ausstopfens" seitens des Naturkundemuseums finde ich lächerlich: „ausstopfen“ ist nun mal der landläufige Begriff für Tierpräparation. Dermoplastik ist nur geschönt und letztendlich dasselbe - Knuts Haut wird zum Markte getragen und dagegen wehren sich die Menschen, oder sehen Sie das anders ?

Den Wert eines solch edlen und kostbaren Eisbärfelles hatte bereits ganz früh eine Kommentatorin bei Christina erörtert mit dem Hinweis, dass sich sich keiner eine solche "Trophäe" durch die Lappen gehen ließe...

An der wissenschaftlichen Bedeutung der Zurschaustellung kann man zweifeln - aber nicht an der schon von Anfang an hinter den Kulissen beschlossenen weiteren Pseudo-wissenschaftlichen
"Vermarktung" von Knut.

Armer Knut, auch wenn nur Deine Hülle missbraucht wird – Deine liebenwerte Bärenseele können sie nicht verkaufen – die bleibt in unserem Herzen lebendig!

Liebe Birgit, danke auch für Ihre Antworten und lassen Sie sich Zeit mit der Eismaschine und den Pinguinen...ich bleibe Ihnen treu.
Herzliche Grüße
Britta-Gudrun

Simba hat gesagt…

Liebe Britta-Gudrun,

Auch ich bin gegen das Ausstopfen von Knut, es hat m.E. in unserer Zeit nichts mehr zu suchen und angesichts der inneren Bedeutung, die Knut für viele Menschen gehabt hat und hat, halte ich das für nicht richtig.Meine erste Rektion war, "wie absurd überhaupt auf so eine Idee zu kommen.."

Aber mir geht sehr viel mehr dazu durch den Kopf, viele Gedanken und auch Material in anderen Zusammenhängen, die ich noch erst wirklich verarbeiten und aufschreiben will.

Seien Sie herzlichst gegrüßt

Birgit

Anonym hat gesagt…

Liebe Birgit,

das zweite Foto von unten erschreckt mich. Das sieht aus, als ob KNUTIs Augen da schon gebrochen wären. Mir ist zwar beim dritten entsetzten Blick klar geworden, dass diese Wirkung nur durch die Wassertropfen an der Glasscheibe entsteht, aber ich bitte Dich, dieses Foto herauszunehmen, wenn Du es mit Deinen eigenen Vorstellungen vereinbaren kannst und dann meinen Kommentar bitte zu löschen.

Liebe Grüße nochmals von Dumba

Simba hat gesagt…

Liebe Dumba,

Diese Fotos sind alle vom 18.03. und nicht vom 19.03. !!!

Die Fotos vom 19.03. sind im Beitrag "Out of the Blue" etwas weiter unten. Ich bin nach dem Tod Knuts die alben von Christina Tag für Tag zurückgegangen, um zu sehen, ob es irgendwelche kleinen anzeichen gegeben hat, die man mit dem Wissen um seine Erkrankung vielleicht heute anders sehen würde. Aber ich konnte auf Anhieb wirklich nichts entdecken. Lediglich auf dem letzten Foto von Christina finde ich, dass Knut sehr angestrengt aussieht (aber nur wenn man weiß, was danach passiert ist).

Die Fotos vom 18., gerade auch das, wo er zur Glasscheibe kam, hat einen freundlichen und entspannten Hintergrund, so wie mal schnell Christina "Guten Tag " sagen, es ist eine ganz hübsche Serie, die sich sehr lohnt anzuschauen. Schau mal, vielleicht geht dein Erschrecken dann weg, ich denke, du hast den 18. mit dem 19. verwechselt.

Sei ganz lieb gegrüßt

Birgit

Hier noch die Links zu den Alben von ChristinaM:

Knut am 19. März
http://family.webshots.com/album/579932673ELRkrf

Knut am 18. März
http://family.webshots.com/album/579921942jxZwfF

Anonym hat gesagt…

Vielen Dank, liebe Birgit.

Ich habe das ganz unabhängig vom Datum einfach MIT dem Wissen so EMPFUNDEN. Aber natürlich ist es Deine Sache. Jetzt werde ich mir gerne Dank Deiner Links auch nochmals diese Alben von Christina ansehen. Übrigens: natürlich hatte mein Eindruck nichts, aber auch gar nichts mit dem Fotografen/der Fotografin zu tun, und schon gar nicht im Wissen, dass es sich um Fotos von CM handelt. Hätte sie selbst den gleichen Eindruck gehabt beim Anblick dieses Fotos, hätte sie es unter Garantie nicht eingestellt oder wieder herausgenommen.

Wahrnehmung ist eben sehr subjektiv und individuell
- meine Rede seit langem!

Liebe Grüße auf die Insel, wo Du hoffentlich ein schönes Wochenende verbringen kannst

Dumba

reflexão hat gesagt…

Seu blog é muito esclarecedor.
As fotos são muito bonita.
Os ursos também são muito bonitos.

Anonym hat gesagt…

Ich habe zufällig am 18.3.2011 drei Stunden neben Christina an Knuts Gehege verbracht.
War zufällig wieder mal in Berlin wegen Knut.
Da war nichts, aber auch gar nichts Auffälliges.
Knut war richtig lustig, spielte vor der Scheibe, an der wir standen mit einem ollen TShirt Fetzen.
Ihr habt bestimmt schon alle mein Video davon gesehen.
Knut hatte richtig Spaß und das ist so tröstlich.Er musste nicht leiden.

Ich würde mir wünschen, die Ursache seines viel zu frühen Todes zu erfahren, aber wichtig ist es mir jetzt nicht mehr.

Wichtig ist mir, dass Tosca, Nancy und Katjuscha gesund bleiben.

Danke für diesen ausführlichen Bericht, Birgit.

LG BrigitteE

Simba hat gesagt…

DANKE und GRACIAS für die Kommentare, bei uns gab es ein paar Stromausfälle, deshalb hinke ich schon wieder sehr hinterher...((

Liebe Brigitte,
Ja, ich habe dein Video auch gesehen, ich stelle es bei anderer Gelegenheit auch noch mit Link ein.

Liebe Dumba,
Ich hoffe, es ist OK, dass ich das Foto dringelassen habe?

Liebe Grüße an alle
Birgit