Ok, mal kein Eisbär und auch kein Elefant, aber da Jim Knopf und die Wilde 13 hier bereits öfter mal Thema waren, wollen wir nicht versäumen zum 50. zu gratulieren, zumal ich gerade einen wirklich interessanten Artikel gefunden habe...
He belongs to our childhood and has inspired pet owners for the names of their cats, so reason enough to congratulate although it is neither a polar bear nor an elephant - Jim Knopf ("Jim Button and Luke the Engine Driver") has turned 50 today! Apart from that, I have just found an interesting article which is worth reading about the political context of Michael Ende's beloved children book. Schon letztes Jahr gab es anlässlich des Darwin Jahres und einer Buchneuerscheinung zum Thema mehrere Artikel zu Jim Knopf, die ich aber irgendwie verpasst habe. Darwin-Kennerin Julia Voss hat mit "Darwins Jim Knopf" eine Neuinterpretation gewagt, die ich außerordentlich spannend finde. Fast detektivisch hat sie den Nachweis erbracht, dass Jim Knopf eigentlich als Gegengeschichte zur nationalsozialistischen Vereinnahmung der Evolutionstheorie gelesen werden kann (siehe weiter unten). Hier noch ein zweiter sehr lesenswerter und wesentlich detaillierterer Artikel dazu.-
Already last year, on the occasion of Darwin's 200th Anniversary and a book launched to the topic, several articles on Jim Knopf could be found, as I have only detected today. With "Darwins Jim Knopf", Darwin connoisseur Julia Voss has dared a new interpretation, which I find very interesting. In a remarkable way she has demonstrated that Jim Button can actually be read as counter story to the National Socialists' use of Darwin's evolutionary theory. Here's a second article (german), highly readable as very detailed.
Die Geschichte ist bekannt:
Eines Tages landet der schwarze Waisenjunge Jim Knopf als Paket auf der kleinen Insel Lummerland. Dort kümmern sich die Bewohner des Eilandes um den Kleinen: Frau Waas, Lukas der Lokomotivführer, Herr Ärmel und König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte. Aber je größer Jim wird, desto weniger Platz haben die Einwohner – der König beschließt, dass Lukas´ Lokomotive Emma das Weite suchen muss.
So verlassen Jim, Lukas und Emma eines Nachts die Insel, um eine neue Heimat zu finden. Sie erreichen ein fernes asiatisches Land, wo helle Aufregung herrscht: Prinzessin Li Si wurde von der Wilden 13 in die Drachenstadt Kummerland entführt.Dort wird sie mit anderen Kindern von Frau Mahlzahn, einem mageren Volldrachen, in einer Schule gefangengehalten und unter Einsatz von Schlägen mit Unterricht gequält.
Natürlich machen sich Lukas, Jim und Emma auf, die Prinzessin zu befreien und auf ihrem Weg zu Kummerland lernen sie neue Freunde kennen, wie z.B. Herr Tur Tur , einen Scheinriesen, der schrumpft, sobald man ihm näher kommt, und Nepomuk, einem Halbdrachen, aus einer Verbindung zwischen einem Drachen und einem Nilpferd abstammend.The story is known:
One day, the black orphan boy Jim Button arrived as a post parcel on the tiny island Morrowland (Lummerland). There, the inhabitants take care of the little one: Ms. Whaat, Lukas the engine driver, Mr. Sleeves and King Alfonso the Quarter-to-Twelfth. But when Jim grows up, the less there is room for the inhabitants - the king decides that Lukas' locomotive Emma has to leave. And that is why Jim & Luke decide one night to leave the island together with her.
Looking for a new place, they find a remote Asian country, where there is great concern as Princess Li Si has been kidnapped by pirates called the Wild 13 and is hold captive by a dragon Mrs. Grindtooth at Dragon City Sorrow Country, in an institution called school she enjoys torturing the children brought to her by forcing them to learn reading, writing and arithmetic.
Jim, Luke and Emma set out to free the princess. On their way to Dragon City Sorrow Country they make new friends such as Mr Tur Tur and Nepomuk. Mr Tur Tur is an illusionary giant who shrinks the closer you get to him. Nepomuk is a half-dragon descended from a dragon and a hippopotamus.
After reaching Dragon City, they free the princess and the other kidnapped children. They take the dragon captive and return to China on the Yellow River. In Ping they are received as heroes, greeted by two startling news. First, Mrs Grindtooth would be turned into a golden dragon of wisdom, and second a letter from King Alfred to the Emperor asking them back to Morrowland. With the help of Mrs Grindtooth and the Emperor, they snare a floating island and tow it back to Morrowland to solve the problem of overpopulation.
Laut Julia Voss "galt Ende das farbige Kind Jemmy Button als Vorlage für die Figur des Jim Knopf. Button war ein Feuerländer, der im 19. Jahrhundert nach England verkauft worden war und mit dem Schiff HMS Beagle in seine Heimat zurückkehrte. Das Schiff nahm damals auch Kurs auf die Galapagosinseln. Ebenfalls mit an Bord: Charles Darwin. Das im Anschluss an die Reise veröffentlichte Buch „Die Fahrt der Beagle“ war die erste Publikation des Evolutionstheoretikers.
Voss zitiert aus einem Radiointerview, das Ende 1991 gegeben hat: „Die Idee des Rassismus und der Rassendiskriminierung entstand durch Weiterdenken von Darwins Theorien.“ Ende, 1929 geboren, war diesem als Biologie getarnten Herrschaftsdenken während des Nationalsozialismus als Schüler ausgesetzt. Als er kurz vor Kriegsende zur „Heimatverteidigung“ herangezogen werden sollte, desertierte er.
Weiß man um diese Umstände, sind Darwins Erkenntnisse und deren Pervertierung durch die Nazis in Endes Geschichte unübersehbar. Ende, der den Nationalsozialismus in Deutschland als Jugendlicher erlebt hat, lässt Jim und Lukas etwa auf ihrer Reise vor der Drachenstadt Kummerland den ausgestoßenen Halbdrachen Nepomuk treffen, der einen Drachen und ein Nilpferd als Eltern hat – sein Dasein als Mischling nennt er eine „Schande“. Später gelangen die beiden Abenteurer an eine Höhle, an deren Eingang ein Schild mit der Aufschrift „!Achtung! Der Eintritt ist nicht reinrassigen Drachen bei Todesstrafe verboten“ hängt. ‘Entry is forbidden to all non pure bred dragons under pain of death.’
Picture of the first edition showing the entry to Dragon City
Ende zeigt die Rassenideologie der Nazis, beschreibt die Geschichte in ihrem weiteren Verlauf jedoch als Gegenentwurf dazu. Jim und Lukas geraten zwar in das dunkle Land namens Kummerland, in dem Kinder an Schulbänke gekettet werden und Lehrer im Kommandoton unterrichten, können sich aber befreien.
Voss verweist zum einen auf die Drachenmythologie, einer urdeutschen Mythologie, in der Drachen stets bekämpft und getö tet werden müssen. In „Jim Knopf“ jedoch sind die bösen Drachen die Reinrassigen, die guten sind die Mischlinge, wie es Nepomuk einer ist. Zum anderen zeigt die Autorin, wie Ende seine Protagonisten in ein Land schickt, das Atlantis ähnelt, dem Land also, das die Nazis hartnäckig als Heimat der Arier beschrieben. In Endes Geschichte hingegen erhebt sich aus Nebelschleiern ein Land, dessen oberste Spitze Lummerland ist – hierher ziehen die Völker der Welt, der Ort wird, wie es bei Ende heißt „das Land der Kinder und Vögel“. Es ist das Gegenteil des Atlantis, das die Nazis als Rasseparabel nutzen.
Der 1995 verstorbene Ende wurde zeitlebens wegen seiner angeblichen „Weltflucht“ kritisiert. Ein „Schreiberling für Kinder“ wurde er genannt. Dabei, so sagte er, sei sein „Jim Knopf“, der heute vor 50 Jahren erstmals erschien, nie als Kinderbuch gedacht gewesen."
(read full article here, engl. here, span. here)
Jim Knopf, Lukas & "Emma"
Sources:
- Nazis raus aus Lummerland/Martin Wittmann-Focus 09.08.2010 (zum 50.Geburtstag!)
- Jim Knopf rettet die Evolutionstheorie/FAZ 2009 (zum Darwin Jahr, ein wirklich aufschlussreicher Artikel !!!)
- Jim Button's Political Content/Lucas Dié 09.08.2010
- 50 Years Jim Knopf (Jim Button)/Lucas Dié 09.08.2010
- Jim Knopf auf wikipedia
- Jim Button and Luke the Engine Driver on wikipedia
- Jim Boton rescata la teoría de la evolución/04.01.2010 (span.)
- Jemmy Button el patagón que inspiró a Charles Darwin/Siglos Curiosos 22.11.2009
Und hier das Buch von Julia Voss:- Darwins Jim Knopf
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2 Kommentare:
Hallo Birgit,
da hast du wieder einmal eine interessante Geschichte ausgegraben. Natürlich sind Jim Kopf, Lukas der Lokomotivführer, Emma und Frau Mahlzahn auch die Begleiter meiner Kindheit gewesen. Ich wäre selbst nie auf die Idee gekommen, die Geschichte von Michael Ende, als etwas anderes anzusehen als ein phantasievolles Buch für Kinder.
Die Sicht von Julia Voss auf das Buch, die einen anderen Held meiner Jugend – Darwin - mit einem meiner Lieblingsbücher verknüpft, ist für mich ungewöhnlich und spannend und es reizt mich, darüber nachzudenken.
Vielleicht, weil du auf einer Insel wohnst und dein Blog mit den Tieren dieser Erde zu tun hast, ist mir heute beim Lesen deines Blogeintrags ein anderes Kinderbuch eingefallen, das ich unbedingt noch einmal lesen muss und das irgendwie sehr gut zu Knuts Aussenposten passt.
Es ist von James Krüss, einem Autor, dessen Bücher ich als Kind heiß und innig geliebt habe, und es heißt „Die glücklichen Inseln hinter dem Winden“. Die Inseln, von denen im Buch erzählt wird. sind etwas ganz besonders – auf ihnen ist jeder, ob Mensch, Pflanze oder Tier, glücklich. Sie haben ungewöhnliche, phantasievolle Namen z.B. Polipopaja, Mellifera, Paxos, Jou-Jou, Publa Cumba. Menschen und Tiere leben friedlich miteinander – ein etwas anderes Bild vom Paradies.
Nun ist Knuts Aussenposten im Indischen Ozean natürlich kein Paradies, indem alle immer glücklich sind. Denn sehr oft sind die Nachrichten und Geschichten auch aus der Tierwelt einfach nicht paradiesisch und du beschönigst nicht und lässt nichts weg. Aber trotzdem ist Knuts Aussenposten für mich so eine glücklichen Inseln hinter dem Winden.
LG Ulli
Liebe Ulli,
Vielen Dank für diesen liebenswerten Kommentar zu Jim Knopf und deinen Gedanken und Empfindungen zu Knuts Aussenposten als eine der "glücklichen Inseln hinter den Winden"...
Wie schön , dass du in diesem Zusammenhang auf James Krüss verweist, den hab ich als Kind auch sehr geliebt, schon in der Kirchenbücherei (direkt gegenüber unserer Wohnung und deshalb die erste Bücherei, die ich frequentierte ab 6 Jahren...) hatten sie Bücher von ihm, die ich zusammen mit Pippi Langstrumpf, Räuber Hotzenplotz und Jim Knopf entdeckte.
Beim Nachgoogeln fand ich auch, dass er persönlich mit Erich Kästner bekannt war, den habe ich selbstverständlich auch gemocht...Ich erinnere noch den blauen Leineneinband von "Erich und die Detektive", mein Großvater schenkte mir das Buch.
Dein Kommentar hat mir nochmal richtig Lust gemacht, das Buch über die glücklichen Inseln hinter den Winden zu lesen. Ich dank dir ganz herzlich für den Tipp.
Ganz liebe Grüße
Birgit
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